Ich bin am 6.10.1980 in Bonn geboren und lernte – obwohl schon immer großer Hundefan – zunächst den Beruf des Goldschmieds.
Lena Berke
Theo, die Story...
Ich möchte einmal erzählen, wie es dazu kam, dass ich Hundetrainerin wurde.
Zum Leidwesen meiner Mutter lief ich schon als Kleinkind auf jeden Hund zu, egal wie groß, egal wie "gefährlich". Gebissen wurde ich auch mindestens einmal, aber das hat meine Liebe zu Hunden kein bißchen geschmälert. Ich wuchs jedenfalls mit Katzen auf, die ich auch bis heute sehr mag.
Kurz nach meiner Gesellenprüfung zur Goldschmiedin fasste ich den
Entschluss, mir endlich den Wunsch nach einem eigenen Hunden zu
erfüllen.
Ich schaffte mir einen Hund aus dem Tierheim (vorher in Ungarn in einer Auffangstation) an, der
meine Vorstellung von Hunden erstmal gründlich erschütterte. Als er bei uns einzog,
war
er erst 6 Monate alt. Ein junger Hund! dachte ich. Da kann ja noch nicht so viel "kaputt" sein. Und wie das kann...
Theo hatte grundsätzlich andere Vorstellungen vom Zusammenleben als ich. Ich wollte einen Hund, der gerne kuschelt, der ohne Leine durch Wald und Wiesen tollt (und jederzeit kommt, wenn man ihn ruft), der andere Menschen und Hunde mag und freundlich zu Kindern ist. Theo sah das anders. Zwar hatte ich keine Probleme ihm die gängigen Grundkommandos beizubringen. Doch Menschen fand er doof, Kinder ganz besonders und ließ ich ihn ohne Leine laufen, klappte das nur solange, bis ein Tier unseren Weg kreuzte - und weg war er. Einmal musste ich ihn im Tierheim wieder einsammeln und einmal bei der Feuerwehr. Andere Hunde hatten für Theo ausschließlich den Sinn, die eigenen Stärken an ihnen zu testen und war ich auf dem Spaziergang nicht schnell genug und Theo ohne Leine, stürzte er sich auf 100 Meter Entfernung in Scheinattackenmanier laut kläffend auf arglose Artgenossen oder verbellte männliche Spaziergänger (oder solche mit Hut, Schirm, Kinderwagen, Gehstock oder großer Nase). Damals hätte ich diese Verhaltensweisen nicht bei einem noch jungen Mischling aus dem Tierheim erwartet, der ein bißchen aussah wie ein Wolf auf Dackelbeinen...Wie so viele Hundebesitzer wählte ich meinen Hund nach der Optik aus - eine "süße" Mischung aus Rassen, die es in sich haben...
Kurz-
ich bekam genau den Hund, den ich (naiv wie ich war) verdiente und
nicht den, den ich mir gewünscht hatte. Heute weiß ich:
Hunde kommen zu uns, um uns weiter zu bringen. Denn meine
Versuche, Theo zu "bändigen" schlugen fehl.
Wenn er knurrte, weil ich ihn an den Pfoten oder der Rute anfassen
wollte, wurde ich sauer und verlor die Geduld. Ebenso, wenn er
draußen sein Affentheater spielte. Ich schimpfte mit ihm wie mit
einem frechen Kind und erntete lediglich einen verwirrten oder
abschätzigen Blick von Theo, der seinen Job aus seiner Sicht
geradezu exzellent erfüllte...
Bekamen wir Besuch (vor allem männlichen) knurrte er, wenn ihn nur
jemand 1 Sekunde zu lang ansah, und versuchte gar jemand ihn zu
streicheln, dauerte es meist nicht lange und Theo schnappte zu. Dabei
entstanden zwar höchstens kleine Kratzer, aber dass dieses
Verhalten inakzeptabel war, war klar.
Ließ
ich ihn allein, reagierte er auf jedes kleinste Geräusch im
Treppenhaus unseres Mietshauses und sein lautes Bellen drang dann
stundenlang durchs ganze Haus. Mehrfach beschwerte sich ein Nachbar bei
der Hausverwaltung. Es musste sich etwas ändern, sonst drohte der
Rausschmiss.
Bei
Spaziergängen an der Leine zog Theo so stark, dass ich ihm ein
Geschirr kaufte, da ich sonst fürchtete, ihm könne die Luft
wegbleiben. Am Geschirr hatte er dann so richtig "Zugpower". Lag er auf
dem Sofa, sah er dies als sein alleiniges Privileg.
Denn wagte ich es, mich neben ihn zu setzen oder ihn gar
herunterzuschieben, knurrte er mich an und zögerte auch
nicht nach mir zu schnappen, wenn ich sein Knurren ignorierte.
Statt eines "lieben" harmlosen Kuschelhundes bekam ich mit Theo einen extrem territorialen und ressourcenbewussten Hund, der dazu noch eine mangelhafte Sozialisation erfahren und über Monate hinweg seine zwei Brüder dominiert hat, mit denen er von Geburt an 6 Monate zusammenlebte...
Es war wirklich nicht ganz einfach mit Theo, denn offensichtlich vertraute er mir nicht und fand mich auch nicht besonders interessant. Meine Versuche, mit ihm Ball zu spielen oder andere Dinge zu tun, die man eben so mit Hunden macht, fand er doof. Für seine Hobbies: Bewachen, Verbellen, Jagen und Alarmschlagen - brauchte er mich nicht. Ich war seine Futterlieferantin und zahlte seine Miete. Es gab also kaum etwas, was er mir gab und kaum etwas, was ich ihm gab.
Dass es den Beruf "Hundetrainer" gibt, war mir gar nicht wirklich bewusst. Damit Theo mal in Anwesenheit anderer Hunde lernt auf mich zu achten, nahm ich ein paar mal am Gruppenunterricht eines örtlichen Hundevereins statt. Das ständige Im-Kreis-Laufen mit 20 anderen Teams war mir schnell zu blöd. Und Fragen auf meine vielen Antworten bekam ich dort auch nicht. Ich bekam nur zu hören, was nicht funktionierte. Danke dafür!
Ich
kam auf die Idee, selbst Hundetrainerin zu werden. Jemand, der mit
problematischen Hunden wie Theo umgehen kann. Wie sonst sollte ich
Theo in den Griff bekommen?
Ich
setzte mich an den PC und begann zu recherchieren. Da ich nicht sehr
viel über Hunde und deren Ausbildung wusste, musste ich meiner
Intuition vertrauen als es darum ging, eine gute Ausbildung für
Hundetrainer zu finden. Außerdem wollte ich nicht ganz so weit
fahren müssen. Nach langem Recherchieren, vielen Emails und
nachdem ich mir zwei Hundeschulen, die ausbilden, vor Ort angeschaut
hatte, entschied ich mich für die Hundeschule doglove in Viersen am Niederrhein. Mir gefiel, dass die Ausbildung neben
Theorieeinheiten auch viel Praxis enthielt, man den eigenen Hund zur
Ausbildung mitbringen durfte und natürlich gefiel mir die
Trainerin Rita Huber und wie sie mit Hunden und Menschen umging (und es heute noch tut).
Sie propagierte nicht, wie viele andere es tun, eine ganz neue und einzigartige Methode erfunden zu haben, sondern lehrte uns, individuell auf jedes Mensch-Hund-Team einzugehen, denn Hunde sind
vielfältig und nicht in Schubladen zu pressen. Genauso ihre
Menschen...Ich bekam das, was ich wollte - einen großen Werkzeugkoffer mit Wissen, Techniken, Herangehensweisen und vor allem - ich lernte
Theo besser kennen! Denn wie sich herausstellte, hatte ich ihn sehr oft falsch
eingeschätzt und missverstanden.
Außerdem lernte ich einen bewussteren Umgang mit dem Wesen
Hund kennen. Da Theo mich regelmäßig zur Verzweiflung
brachte und ich dies irgendwie persönlich nahm, war mein Umgang
mit ihm eher "grobmotorisch" und von Emotionen geprägt. Ich lernte
sachlicher und souveränder zu agieren und weniger emotional, was
mich ein großes Stück weiter brachte.
Nach
dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung
und zwei weiteren Monaten Intensivpraktikum bei Rita, wagte ich sehr
schnell den Schritt in die Selbstständigkeit. Für einen
professionellen Trainer ein Muss: regelmäßige
Fortbildungen. Also besuchte (und besuche) ich regelmäßig
Vorträge und Seminare anderer Profis rund ums Thema Hund,
Hundeverhalten, Beschäftigung und Erziehung.
Es dauerte nicht sehr lange, bis ich in Bonn Fuß fasste und sich ein Kundenkreis gebildet hatte, der mir bis zu meinem Umzug nach Kaiserslautern 2012 (und darüber hinaus!) treu blieb. Ich konnte es kaum glauben, aber ich war tatsächlich im Stande, von meinem neuen Beruf zu leben. Das Feedback meiner Kunden, auch derer, die nach einigen Einzelstunden zufrieden wieder verschwanden, gab mir Zuversicht und Selbstvertrauen. Auch dass einige Hundehalter bereits andere Trainer "verschlissen" hatten, bei mir aber ihre Ziele erreichten, gab mir Mut.
Ich möchte an dieser Stelle einmal allen Hundehaltern danken, die sich mir anvertraut haben, obwohl ich ja noch relativ "neu" im Geschäft war und nicht - wie manch andere Kollegen - 20 Jahre Berufserfahrung mitbrachte. Vielen Dank für Euer Vetrauen und den Mut zur Veränderung!
(Heute weiß ich, dass 20 oder 30 Jahre "Arbeit mit Hunden" nicht bedeuten muss, einer guter Trainer zu sein...)
Seit vielen Jahren ist bei Theo und mir nun Harmonie eingekehrt. Theo ist immer noch ein Eigenbrödler und wenn ich könnte - ich würde ihm einen ganzen Bauernhof zum Bewachen und zum Ratten- und Mäusejagen bieten. Ich kann ihn jederzeit, sogar in der Dämmerung, frei laufen lassen und an Menschen und Hunden geht er gelassen, wenn auch bei einigen männlichen Exemplaren mit einem Augenrollen, vorbei. Denn angeberische Rüden und "bullige" Männer gehören seiner Ansicht nach dorthin wo der Pfeffer wächst. Er geht sehr gut an der Leine, lässt pöbelnde Artgenossen unkommentiert und Katzen jagt er nur noch in seinen Gedanken hinterher. Sofa, Sessel und Bett sind für Theo tabu. Er ist natürlich immer noch sehr wachsam, aber kein Dauerkläffer mehr. Ich kann ihn problemlos überall berühren (das darf aber wirklich nur ich!), ihn baden oder die Krallen kürzen. Heute können sich sogar wildfremde Menschen (auch Männer), denen wir auf dem Spaziergang begegnen, über ihn beugen und ihn streicheln. Das wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen! An dieser Stelle ist es mir wichtig zu erwähnen, dass sich die Probleme mit der Zeit nicht von selbst gelöst haben oder Theo einfach nur "älter und vernünftiger" geworden ist. Ich habe sehr viel mit ihm gearbeitet.
Theo
- mein kleiner, ungarischer Griesgram. Ich bin so froh, dass ich nicht aufgegeben habe, denn ich habe dir so viel zu verdanken. :o*
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